Votings – (k)ein Mittel zur Fan-Akquise?

Da viele Unternehmen immer noch auf Votings bzw. auf ein Voting als Vorauswahl und einen anschliessenden Juryentscheid setzen, überarbeite ich diesen Artikel und versuche zu erklären, warum das einfach nur schlechtes und unüberlegtes Marketing ist und warum Votings nicht selten zu einem Social Media Fail ausufern.

Bis vor einem Jahr verlangte Facebook, dass für Votings eine App eingesetzt werden muss. Nun gibt es unzählige App-Anbieter, die Ihnen Votings als Ei des Kolumbus und bestes Social Marketing Tool seit der Erfindung von Facebook anpreisen werden: Verständlich, denn damit verdienen sie ihr Geld. Mittlerweile kann man auch einfach ein „Pinnwand-Voting“ starten, was die Sache nicht besser macht.

Da ich selbst Votings aus der Sicht der Unternehmen UND aus der Sicht der Teilnehmer kenne,  kann ich den Nutzen sicher etwas realistischer einschätzen.

Voting?
Schon werden sich die ersten Fans auf Ihrer Seite beklagen: „Ach ne, muss das sein, das ist unfair, verlost doch lieber…„.“Voting“ ist mittlerweile für viele User ein echtes Reizwort.

Das beliebteste Pro-Argument von Unternehmen zum Thema lautet sinngemäß:

„Wir möchten der Community die Chance geben, mitzuentscheiden… es hat jeder Teilnehmer dieselbe Chance.“

Das ist ein gewaltiger Trugschluss.

Um es ganz klar auf den Punkt zu bringen: Eine solche Community, die freiwillig zig Fotos / sonstige Beiträge ansieht und abstimmt, EXISTIERT NICHT!

Warum? Ein Facebook User ist nicht nur Fan einer einzigen – nämlich Ihrer – Seite, sondern bekommt tagtäglich so eine gewaltige Menge Informationen von Seiten, Gruppen, Freunden etc. über seinen Stream, dass zwangsläufig gefiltert werden muss:
Was ist interessant? Was bringt mir etwas? Was möchte ich wissen?
Die Möglichkeit, für unbekannte Menschen zu voten, fällt dabei immer unter „weniger interessant“. Es ist zeitaufwendig und bringt in der Regel keinen Mehrwert.

Es gibt natürlich Seiten, die es schaffen, ihre Fans besser zu binden als andere; trotzdem dürfte der Prozentsatz von Fans, die sich einfach so die Zeit nehmen, bei einem Voting die schönsten Beiträge herauszusuchen, verschwindend gering sein.
Denn was Unternehmen gerne vergessen: Die einzige Motivation, um sich an solchen Aktivitäten zu beteiligen, ist letztendlich ein Gewinn! Es macht keinen besonderen Spass, die (zumeist qualitativ eher schlechteren) Werke von Fremden zu bewerten, es kostet Zeit, es gibt dafür keine Fleisspunkte und auch keinen geldwerten Vorteil.
Warum sollte das ein Fan also uneigennützig tun? Bzw. wie muss der Fan beschaffen sein, der trotzdem votet?

Thema Fan-Akquise: Sie veranstalten Votings ja nicht, um ihrer Community eine Freude zu machen, sondern um neue Fans an Land zu ziehen. Das ist jedenfalls der Plan und dieser geht auch in der Regel auf – es fragt sich jedoch, welche Qualität diese neuen Fans haben.
Denn die Sache läuft ja so: Der Beitrag mit den meisten Stimmen gewinnt. Punkt. Dafür müssen Stimmen generiert werden, so viele wie nur möglich, da die ungefragt abstimmfreudige Community nicht existiert – wir erinnern uns.

Das geht in der Regel so | Voting für Dummies:

facebook voting gewinnen
Kurz gesagt: Bei den neuen Fans, die über das Voting auf „Gefällt mir“ geklickt haben, handelt es sich eher selten um „Otto Normalbürger“, der sich für das Unternehmen interessiert und gerne Kunde werden möchte. (Was zum einen daran liegt, dass Menschen, die nicht besonders gewinnspielaffin sind, vor Apps zurückschrecken, zum anderen aber auch daran, dass „Klickbettelei“ allgemein nicht jedermanns Ding ist.)
Allermeistens sind es sogenannte „Gewinnspielnomaden“, die 1x abstimmen (und sich schon 5 Minuten später nicht mehr daran erinnern können, auf welcher Seite sie da eigentlich waren).
Im schlechtesten Fall kommen sie aus China, Indien, Indonesien… und sind schlicht und ergreifend gekauft. Oder es handelt sich um Fake-Profile, hinter denen keine existierende Person steht. Es gibt auch sogenannte „Klick-Bots“  – Scripte, die vollautomatisch abstimmen.

Die Frage, welche Qualität Ihre neuen Fans haben, dürfte sich damit erübrigt haben.

Risiko Shitstorm: Je grösser der Gewinn, desto grösser ist auch der Anreiz, zu allen Mitteln zu greifen, um an Stimmen zu kommen oder die Konkurrenz auszuschalten. „Betrug“ in jeglicher Form ist Usus, sei es Bilderklau, sei es die Abgabe hunderter Fakestimmen.
Der Unmut der anderen Teilnehmer entlädt sich dann natürlich in Form von zig wütenden Kommentaren auf der Facebookseite Ihres Unternehmens und im schlechtesten Fall gewinnt man keine Fans, sondern verliert eine ganze Menge. Falls Sie jemals gedacht haben, dass eine Krähe der anderen kein Auge aushackt – hier werden Sie eines Besseren belehrt.
Und selbst wenn ein Voting ohne Shitstorm zu Ende geht, so tendiert die Beteiligung auf der Seite nach dem Voting trotzdem gegen Null.

Fazit: Kurz und knapp – Votings sind überflüssig. Es werden weder „echte“ neue Fans generiert noch alte Fans gebunden. Sparen Sie sich das Geld für eine Voting-App und investieren Sie lieber in einen fähigen Social Media Berater.

Hier noch mein Tipp zum Thema: Anleitung für Fotowettbewerbe auf Facebook

Weiterführende Links:

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